Willkommen im Fach Geschichte, oder: Warum beschäftigen wir uns überhaupt mit Vergangenheit?

Noch heute findet sich Walter Hanels Karikatur aus den 1970er Jahren in Schulbüchern und erfreut sich einer gewissen Bekanntheit. Wenn man sich nur einen Moment mit der Aussage beschäftigt wird klar: Ohne Wissen keine Erinnerung! Ohne Wissen keine Auseinandersetzung mit Geschehnissen aus der Vergangenheit. Gründliche Kenntnisse über die NS-Vergangenheit und die Auseinandersetzung mit dieser sind wichtig wie ehedem, was sich nicht zuletzt in der immer wieder geführten „Schlussstrich“-Debatte zeigt.

Die Karikatur wirft demnach die Frage auf, welche Gefahr wir und künftige Generationen laufen, wenn wir uns nicht mit den Schatten der Vergangenheit auseinandersetzen, wenn Vergessen, Verdrängen, Verharmlosung oder Geschichtsfälschung überwiegen.

Verallgemeinert man die Frage, so lautet sie: Warum beschäftigen wir uns überhaupt mit Vergangenheit? Sind für uns nicht eher die Gegenwart und die Zukunft wichtiger?

Hier die Antworten einiger Schülerinnen und Schüler aus dem Schuljahr 2016/17:  

„Geschichte lebt! Heute ist morgen schon Geschichte. Und warum sollte das, was wichtig ist, nicht auch morgen oder in 200 Jahren wichtig sein?“
(Schülerin, Klasse 9) 

„Ich finde es sehr wichtig, zu wissen, was vor unserer Zeit passiert ist, um zu erkennen, dass das, was wir heute für selbstverständlich halten, nicht schon immer so gewesen ist. Geschichte geht jeden etwas an.“
(Paula Rosenau, Q1)   

„Sich mit der Vergangenheit und auch deren Bewältigung zu beschäftigen hilft, auch zukünftige Probleme und Fragestellungen zu bewältigen, denn: Geschichte wiederholt sich.“
(Justin Mederos Dahms, Q1) 

Natürlich hat auch die Fachschaft Geschichte eine Antwort:    

Oberstes Ziel ist die Entwicklung eines Geschichtsbewusstseins. Dadurch werden die Schüler in die Lage versetzt, kritisch zu denken und sich mit den Hintergründen der sie umgebenden Umwelt auseinanderzusetzen. Geschichtskenntnisse und Geschichtsbewusstsein sind Teil einer breiten Allgemeinbildung, die auf das sinnvolle Leben und Arbeiten in der Gesellschaft vorbereiten. Im Kernlehrplan der Sekundarstufe I heißt es: „Ein überprüfbares, korrigierbares und entwicklungsfähiges Geschichtsbewusstsein ist eine wichtige Voraussetzung für eine mündige Teilhabe am demokratischen Gemeinwesen. Dies ist der Beitrag des Faches Geschichte zur politischen Bildung.“ 

Ereignisse der jüngsten Vergangenheit können am deutlichsten zeigen, was der moderne Geschichtsunterricht leistet.  Einem Menschen, der nie Geschichtsunterricht hatte, wird es zum Beispiel schwerfallen, die gegenwärtigen Konflikte zwischen der islamischen und christlichen Welt, wie sie seit Jahren die täglichen Nachrichten dominieren, in Gänze zu verstehen und einzuordnen. An dieser Stelle hilft das Wissen um religiöse, gesellschaftliche und politische Grundlagen des christlichen und islamischen Kulturraums, wie sie der Geschichtsunterricht der Einführungsphase in die Oberstufe vermittelt.  

Vielleicht hilft Geschichte tatsächlich dabei, etwas für die Gestaltung der Zukunft zu lernen. Außerdem können die Beschäftigung mit Geschichte und geschichtliche Kenntnisse Spaß machen und persönlich bereichernd sein. Was für ein Unterschied ist es, wenn man nicht nur „mitreden“ oder aktuelle Nachrichten einordnen kann, sondern auch im Alltag oder auf Reisen Aha-Erlebnisse hat oder die Handlung von Romanen und Filmen, die in vergangenen Epochen spielen, besser versteht. Kurzum: Wir sind von Geschichte permanent umgeben.    

Zusammengefasst lässt sich sagen: Mit dem Fach Geschichte wollen wir am Weser-Gymnasium unseren Beitrag dazu leisten, verantwortungsvoll handelnde junge Menschen für die Zukunft zu bilden. Die Basis jeglichen Geschichtsbewusstseins ist dabei ein Sach- und Zusammenhangswissen, damit es den Schülern am Ende nicht wie dem frischgebackenen Abiturienten in folgendem Witz ergeht, wenn dieser zugeben muss: „Aus dem Geschichtsunterricht habe ich mir nur eine Jahreszahl gemerkt: 1832. Ich habe allerdings keine Ahnung, was da los war.“

Karikatur von Walter Hanel aus den 1970er Jahren (mit freundlicher Genehmigung des Künstlers.)